Antibiotika-Kontrolle – neue Aufgabe für den Landkreis Uelzen?

Der Grüne Fraktionsvorsitzende Und Bundestagskandidat Jordan kritisiert die Verlagerung der Antibiotika-Kontrollen in der Tierhaltung
Für die Kontrolle der Antibiotika-Gaben sollen nach Meinung der Landesagrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) künftig die Landkreise zuständig sein – also auch das Veterinäramt des Landkreises Uelzen. Dies war Anlass für den Fraktionsvorsitzenden der GRÜNEN im Kreistag Markus Jordan mit einer Anfrage nachzuhaken, wie die Kreisverwaltung zu diesen Planungen stehe. Doch eine inhaltliche Antwort bleibt die Landkreisverwaltung schuldig. Verweigernd heißt es in der Antwort, der Auskunftsanspruch der Kreistagsabgeordneten sei nicht von der §56 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes abgedeckt.
„Das sehen wir anders,“ so Jordan. „Hintergrund der Anfrage sind nicht einfach Zuständigkeitsformalitäten, sondern die entscheidende Frage, welche Ebene diese wichtige, fachliche Aufgabe am besten erfüllen kann,“ erklärt Markus Jordan, derzeit auch Bundestagskandidat für den Landkreis Uelzen sein Vorgehen. „Wir sind der Überzeugung, dass die bestehenden, erfolgreichen Strukturen beim Landesamt für Verbraucherschutz LAVES nicht zerschlagen werden sollten.“
Die zunehmende Wirkungslosigkeit von Antibiotika durch eine wachsende Resistenz beunruhigen medizinische Institutionen wie das Robert-Koch-Institut oder die WHO. Eine wesentliche Ursache ist die übermäßige Gabe von Antibiotika in der Tierhaltung. Die während der rot-grünen Landesregierung auf den Weg gebrachte zentrale Antibiotika-Überwachung in Niedersachsen soll bis Ende nächsten Jahres an die Kommunen übertragen werden. Auch die Grünen-Fraktion in Hannover hat deswegen bereits einen Antrag in den Landtag gegen diese Verlagerungspläne eingebracht. Ziel ist es, die Verlagerung zu stoppen. Die regional zuständige Landtagsabgeordnete Miriam Staudte aus Waddeweitz kommentiert: „Agrarministerin Otte-Kinast agiert kurzsichtig und unverantwortlich. Gerade in Corona-Zeiten sehen wir doch, wie wichtig es ist, Pandemien vorzubeugen. Dass es in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Antibiotika-Gaben in der Tierhaltung um mehr als die Hälfte auf 386 Tonnen in Niedersachsen zu reduzieren, zeigt, dass die unter der Rot-Grün eingerichtete Antibiotika-Überwachung beim Land effektiv funktioniert.“ Dass die Zuständigkeit auf Landesebene bleiben solle, heiße keineswegs, dass die Grünen sich mit dem bisher erreichten zufriedengeben wollen. „Insbesondere in der Geflügelmast ist die präventive Gabe von Antibiotika immer noch viel zu hoch. Hier braucht es weitere Kraftanstrengungen durch eine Stärkung der etablierten Strukturen, statt einer Rolle rückwärts. Auch im Bereich Legehennen werden im Landkreis Uelzen noch ca. 21.300 Hühner in reiner Stallhaltung gehalten. Knapp 900 davon in Käfighaltung,“ berichtet Staudte.
Auch die Frage Jordans nach dem künftigen Personalbedarf, der den Kommunen auch nicht vom Land erstattet werde, wird nicht beantwortet. Während in den letzten Wochen die ersten Landkreise wie Cloppenburg und Vechta, bereits vermehrten Personalbedarf anmeldeten, ignoriert man in Uelzen diese künftigen Bedarfe. Demnach würden in Cloppenburg fünf und in Vechta mindestens zwei weitere Mitarbeiter*innen benötigt. Der Landkreis Cloppenburg räumte gegenüber Lokalmedien auch ein: „Wahrscheinlich wird es wohl nicht möglich sein, diese Strukturen bis zum Beginn der geplanten Aufgabenverlagerung zum 1. Januar 2022 zu schaffen“. Demnach bliebe abzuwarten, „ob die Stellen wie beantragt von den politischen Gremien rechtzeitig genehmigt und anschließend auch besetzt werden können“. „Es wäre schön, wenn der Landkreis Uelzen auch den Mut finden würde sich zu positionieren. Denn bei der von Frau Otte-Kinast geplanten Aufgabenverschiebung drohen ein massives Vollzugsdefizit bei der Kreisverwaltung und ein eine deutliche Verschlechterung beim umstrittenen Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung und somit im Infektionsschutz. Stattdessen wartet Landrat Blume darauf, was das Land ihm prognostiziert.“ so der Fraktionsvorsitzende Markus Jordan abschließend.
Zum Hintergrund:
Seit 2014 fordert das Arzneimittelgesetzes (AMG) ein Minimierungskonzept für Antibiotika-Gaben in der Tierhaltung. Betraut sind damit die Bundesländer. In Niedersachsen wurde diese Aufgabe von Anfang an vom LAVES übernommen. Die Reduzierung der Antibiotikamengen bei Tieren gelang durch landesweit einheitliche Kontrollen, fachlich fundierte Beratung und die Umsetzung gezielter Maßnahmen. Dazu gehört, bei Betrieben mit überdurchschnittlichem Verbrauch von Antibiotika die Anzahl der Tiere zu verringern. Nach aktuellen Angaben des Robert Koch-Instituts sterben in Deutschland jährlich bis zu 20.000 Menschen in Zusammenhang mit Infektionen durch multiresistente Keime.